Erfolgreiche Ninjutsu-Prüfung in Holle

Ninjutsu blickt auf eine über 1500-jährige Geschichte zurück. Eine Geschichte, die geprägt ist von Mythen und Legenden. Doch zwischen all diesen Mythen gibt es auch mehrere wahre Kerne und einen ersten wahren Kern haben die Holler Ninjutsuka bei ihrer ersten Ninpo-Prüfung am 05.07.2022 im Dojo der Mohldberghalle erfahren. Nach wochenlanger Vorbereitung haben Christiane, Eva, Levente, Silke, Fedor, Frederik, Yuuki und Hans, unter dem wachsamen Auge ihres Trainers Tim Willemsen Sensei, erfolgreich die Prüfung zum 7.Kyu im Koga-ryu Ninpo bestritten.
Dazu mussten die Prüflinge nicht nur zwei Kata mit und ohne Waffe (Hanbo) zeigen, sondern bei zwei festgelegten Angriffsabfolgen beweisen, dass sie sich verteidigen können und über das Bushi no Kokoro, das Herz des Kriegers“, verfügen.
Bedanken möchte sich die Ninjutsu und Ju-Jutsu Abteilung des TuS Holle-Grasdorf für die sportlich-freundliche Zusammenarbeit mit der Budokai Martial Arts Alliance und Budokonzept.

Geschichtliches beim Ninjutsu-Training

Und der Shinobi (Ninja) schlug dem Samurai gegen den Hals und entfernte sich, doch der edle Krieger konnte dem Muto no mono (Mann aus Mutsu) nicht folgen, zitterte und schlief für immer“.
Was sich liest, wie eine Zeile aus einem Action-Drehbuch oder einem japanischen Anime, entstammt den Aufzeichnungen über die Shinobi in der ehemaligen japanischen Provinz Mutsu und wird heute im dortigen Lokalmuseum aufbewahrt. Was in dieser kurzen Zeile beschrieben wird, ist das Tio Nashidua Jutsu und eines der Sonder- oder Spezialthemen, die unser Ninjutsu-Trainer kurz vor der ersten Ninjutsu-Prüfung in Holle, in unseren Trainingsplan einfließen lässt.

Ein Training, dass immer nur aus Wiederholen besteht, wird auf Dauer aber recht eintönig und langweilig und so kommt unser Ninjutsu-Sensei Tim immer mal wieder mit interessanten und lehrreichen „Sonderthemen“ um die Ecke. In der Vergangenheit waren das mit unter Kata („Bewegungsformen“) mit dem kurzen Schwert Wakizashi, taktisches Bewegungstraining der Spezialkräfte der militärischen Aufklärung („IMT“) oder die Benutzung verschiedener Alltagsgegenstände (Bürste, Lippenstift, Kugelschreiber, Brieföffner) und sogenannter Self-Defense-Tools (Elektroschocker, Strobolight, Affenschaukel oder Kubotan) in Konfliktsituationen.

Tio Nashidua Jutsu ist eine der 18 Ebenen des Trainings im Koga-ryu (Ninjutsu) und bedeutet übersetzt so viel wie die „Kunst mit verschiedenen einzelnen, leichten Schlägen zu töten“ und ist eng verbunden mit den Atemi-Techniken („Schocktechniken“) des Ju-Jutsu oder dem Kyusho Jitsu („Kunst der Vitalpunkte“). Die Schlag -und Drucktechniken des Tio Nashidua Jutsu zielen auf die Vital- und Nervendruckpunkte und manipulieren neurologische oder physiologische Vorgänge im menschlichen Körper. Als Ergebnis dieser Manipulation können starke Beeinflussungen hervorgerufen werden – in Form von Reflexreaktionen, Schmerz, Gleichgewichtstörungen, Kraftverlust bis hin zum Verlust des Bewusstseins oder Aussetzen von Organfunktionen.
In vielen Kampfkunst-Spielfilmen der 1980er Jahre wurde diese Kunst als „Todesgruß der Ninja“ bekannt, im Grunde handelt es sich aber um das Wissen, Nervenpunkte am menschlichen Körper so zu beeinflussen, dass der Kontrahent in einer gewissen Art und Weise, nicht in der Lage ist, seine Angriffe weiter auszuführen. Somit ist Tio Nashidua Jutsu ein wichtiger Zweig im Selbstverteidigungsaspekt des Ninjutsu beim TuS Holle-Grasdorf.

Erste Dan-Prüfungen in Holle stehen bevor

Nachdem unser Ninjutsu-Trainer Tim in den letzten Wochen und Monaten das Potential bei den Holler Kampfkünstlern beurteilt und festgestellt hat, dass diese den Anforderungen für spätere höhere Niveaus (yūdansha) entsprechen, ist es nun bald Zeit für die erste Ninjutsu Prüfung in Holle .

Bis dahin wird im Holler Dojo fleißig mit dem Stock an der zu zeigenden Hanbo Kata geübt. Es werden festgelegte Abfolgen von Kampfstellungen (Kamae no Kata) wiederholt und vom Ausübenden selbst bestimmte Abwehrtechniken auf vorgegebene Angriffe praktiziert und archiviert. Nur durch diese ständige Wiederholung, verselbstständigen sich bestimmte motorische Abläufe und Reaktionen in körperlich tätigen Konfliktsituationen und helfen dem Ninjutsuka nicht nur bei der Prüfung, sondern auch bei der Selbstverteidigung auf der Straße.

Das Gleichnis von Hammer und Amboss

„Hammer und Amboss“ ist eine militärische Taktik, die den Einsatz von zwei Primärkräften beinhaltet. Die eine nagelt den Feind fest, die andere zerschlägt den Gegner oder besiegt diesen.
Diese Taktik geht auf ein ursprüngliches, uraltes asiatisches Gleichnis vom Hammer und Amboss zurück:

„Im Leben kommt es darauf an, Hammer oder Amboss zu sein,
aber niemals das Material dazwischen.“

Dieses Gleichnis, welches der Legende nach auf Kaiserin Gemmei (Gemmei-tennō auch Gemmyō) zurück geht, findet sich zurzeit auch im Holler Ninjutsu Training wieder. Mit freundlicher Unterstützung des Meller Kampfsportausrüsters „Budokonzept“, erforschen die Kampfkünstler des TuS Holle-Grasdorf die Welt des Hanbō -Jutsu. Der Hanbō (半棒) gehört zu den Schlag- und Stoßwaffen und ist ein Stock mit einer Länge von 60-80 cm bis 100 cm. Jutsu ist ein Begriff, der erstmal in der japanischen Nara-Periode (ca.710 – 794n. Chr.) auftauchte und so viel bedeutet wie „Kunst“ oder „Technik“ (im Kriegskontext). Hanbō-Jutsu ist also die Art oder die Kunst mit dem Stock zu kämpfen und die Holler Ninjutsuka und Ju-Jutsuka haben schnell erfahren, dass man sich lieber nicht zwischen einen Krieger und seinen Stock begibt.

Nach einem intensiven Basics-Training, wozu die Stockhaltung, Körperhaltung und das Bewegen mit dem Stock gehörten, durften die Kriegerinnen und Krieger aus Holle dann auch die ersten Schläge und Blocktechniken mit dem Stock ausführen und lernten, dass der Hanbō eine nützliche, mitunter tödliche und in jedem Fall, sehr ernstzunehmende Waffe ist.

Beim Ju Jutsu-Training am Donnerstag geht es zwar nicht kriegerisch aber dennoch kämpferisch weiter. Hier stehen zur Zeit Schlagtechniken, Blöcke und Selbstfallwürfe im Fokus.

Nachdem in Basistrainings mit Hula-Hoop-Reifen und Trainingsbändern die Beweglichkeit der Hüfte und die Muskeln trainiert wurden, geht es jetzt an die Feinarbeit. Wie wird die Hüfte eingesetzt, um Schlag-und Stoßtechniken effektiver ausführen zu können? Und wie kann das eigene Körpergewicht eingesetzt werden, um den Gegner zu Boden zu werfen? Hier kommt es auf die Technik an. So kann man als kleinere und vermeintlich schwächere Frau auch Männer zu Fall bringen.

Und weiblichen Zuwachs gab es in den letzten Wochen in unserer Gruppe wirklich. Eva bringt Erfahrungen aus dem Aikido und Lena aus dem Judo mit. Da beide Kampfkünste im Ju Jutsu enthalten sind, lernen sie nun ergänzende Techniken in Verbindung zu ihren erlernten,  um Allrounder zu werden. Iris kehrte zurück und trainiert für Ihre nächste Gürtelprüfung. Annika ist als Neuling begeistert davon zu lernen, wie sie sich selbst verteidigen kann.

Im Kindertraining am Donnerstag ist es aufgrund einiger Neulinge voll geworden. Deshalb ist Frederik zur Unterstützung von Christiane dazu gekommen. Er hat selbst in Holle im Kindertraining seine ersten Erfahrungen mit Ju Jutsu gemacht und trainiert inzwischen bei den Erwachsenen.

Die Kinder sind mit Begeisterung dabei und die Trainer freuen sich über leuchtende Kinderaugen und sehr viel Ehrgeiz und Begeisterung beim Erlernen der Basistechniken und der Fallschule. Denn richtig fallen und sofort wieder in den sicheren Stand zu kommen ist das A und O der Selbstverteidigung.

Muskelaufbau einmal anders

Nachdem die Beweglichkeit der Hüfte ausgiebig mit Hula-Hoop-Reifen trainiert wurde und alle Ju-Jutsukas jetzt locker eine Samba tanzen könnten, sollen nun auch Muskeln aufgebaut werden. Da Liegestütz, Sit-ups, Bauchpressen und Co auf die Dauer langweilig werden, brachte Trainerin Christiane Trainingsbänder mit. Ähnlich wie mit Therabändern kann man so ohne Geräte Muskelaufbau betreiben. Zu Anfang waren sie Blicke etwas skeptisch und einige unterschätzten die Stärke der Bänder. So waren die Übungen durchaus schweißtreibend. Am Schluss waren sich aber alle einig, dass die Übungen Spaß gemacht hatten und wiederholt werden sollten.

Yarinuku (やり抜く)

Yarinuku ist japanisch und bedeutet grob übersetzt so viel wie „Durchalten“. Das Training unter den neuen Corona-Regelungen des Landes mit 2G+ bringt auch für die Holler Ju-Jutsuka und Ninjutsuka ein paar Veränderungen mit sich.

Im Ninjutsu war ursprünglich geplant, kurz vor Weihnachten noch eine Prüfung abzuhalten. Diese wird nun aller Voraussicht nach erst im Frühjahr 2021 stattfinden können. Auch das Waffentraining wird um die Waffe des Hanbo ausgeweitet. Der Hanbo ist ein Stock oder Stab, der zu den den Schlag- und Stoßwaffen gehört und dessen Vorteile im Nahkampf zu finden sind Neben effektiven Hebel- können auch Stoß- und Schlagtechniken anwenden kann. Dadurch bietet diese Waffe eine optimale Ergänzung zu den Nahkampftechniken des Yamabushi Ninpo und des Ju-Jutsu.

Ebenfalls anbieten möchte unser Ninjutsu-Trainer Tim jetzt in der dunklen Jahreszeit, die Option sich mit einer Taschenlampe verteidigen zu können. Tim ist es dabei wichtig, dass sich Interessierte nicht nur mit Selbstverteidigungs-Techniken mit der Taschenlampe auseinandersetzen, sondern auch andere wichtige Aspekte wie Bauart der Lampe, Lichtintensität/Strahlkraft (in dem Fall Lumen), Hormonhaushalt in einer Konfliktsituation, Stress und Angst oder „Biomechanik“ kennen lernen.

Das Ju Jutsu Training steht im Dezember im Zeichen der Atemis und der Hüftarbeit. Mit Einsatz der Hüfte wird jede Atemi kraftvoller. Aus diesem Grund hat Trainerin Christiane den Hula-Hoop-Reifen in das Training eingebracht, um die Beweglichkeit der Hüfte auszubauen. So ist das Training ungewöhnlich, aber alle haben Spaß und so mancher staunt, wie schwer es doch sein kann, eine in der Kindheit doch so einfach ausgeführte Übung als Erwachsener wieder in Angriff zu nehmen.

Prüfungen stehen bevor

Kamae, Wakizashi, Kata, Tani otoshi und Muto no mono. Was klingt wie japanische Reisgerichte sind in Wahrheit Techniken und Gegenstände aus dem Koga-ryu Ninjutsu und wurden in den letzten Monaten den Holler Kampfkünstlern intensiv nähergebracht.

Denn die Holler Ninjutsuka haben nach der erfolgreichen Teilnahme m Hildesheimer Go Sports Day ein Ziel vor Augen: Ihre erste Ninpo-Prüfung. In dieser Prüfung werden die Holler nicht nur zeigen können, dass sie verschiedene Kampfstellungen in einer geforderten Abfolge einnehmen können – die sogenannte Kamae no Kata, sondern auch, dass sie mit den ersten leichten Verteidigungs- und Kampftechniken (Gohon kumite und Taihenjutsu) dieser uralten Kampfkunst vertraut sind.

Shihan Dai Tim Willemsen Sensei und Senpai Chistiane Beelmann sind voller Zuversicht, dass alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen ihre Prüfungen erfolgreich bestehen werden.

Shihan dai Auszeichnung für Tim Scholz

Der japanische Dachverband IMAF-Kokusai Budoin (mit dem europäischen Ableger Koga-ryu Rengokai 甲) hat unseren Übungsleiter für Ju-Jutsu und Ninjutsu mit der Ehrenbezeichnung Shihan dai ausgezeichnet.

Gemäß dieser Ehre, erhielt Scholz eine handgemalte Auszeichnung von den Großmeistern Shiina Soke und Kohno Akikazu aus Ibaraki in Japan.

Der Shihan ist – nicht nur in den japanischen Kampfkünsten (Budo) – ein Lehrer von Lehrern, wird aber häufig auch einfach als „Meister“ übersetzt. Es ist eine Ehren-Bezeichnung für einen Würdenträger, höheren Lehrer und Unterweiser.

Im Yamabushi Ninpo wird der Ehrentitel Shihan dai einem Sensei (Lehrer) zugesprochen, der sich innerhalb seiner Kunst „besonders“ verdient gemacht hat, beispielsweise durch die tiefere Erforschung der jeweiligen Kampfkunst, das Verbreiten der Lehre an sich oder durch Ehrenarbeit. Der Titel Shihan wird verliehen und kann nicht durch Graduierungen erreicht werden. Ehrentitel wie Shihan oder Shidoin stehen auch für die Ritterlichkeit, der Ehrenkodex der Samurai und anderer Bushi (Krieger).

Neue Trainingsschwerter für Holler Kampfkünstler

Da die pandemiebedingten Kontakteinschränkungen auch in der kommenden Zeit das Ju-Jutsu-Training beeinflussen werden, hat der Verein in Trainingsschwerte für die Abteilung investiert.

Dank dieser Anschaffung, durften die Holler Ju-Jutsuka und Ninjutsuka, an einer Zeremonie teilnehmen, die als Gaidoburē-do (jap. Dialekt aus Ibaraki>>“Geburt“/“Wartezeit“) bekannt ist. Bei dieser Schwertübergabe durch den Sensei/Lehrer werden den Schülern ihre ersten Schwerter übergeben. Traditionell sind diese aus schwerem Holz und dienen dem Training auf Distanz.

Als Wakizashi oder auch Shoto („kleines Schwert“) bezeichnet man ein kurzes Schwert der Samurai. Beim Wakizashi handelt es sich um eine einhändig geführte Sekundärwaffe, die zusammen mit dem sogenannten Kodachi („kleines,dickes Schwert“) die Vorlage für das fiktive Ninjato-Schwert der Ninja bildete.

Das Wakizashi war im japanischen Feudalsystem eine standesbezogene Waffe. Feudale Ehrenleute, Samurai, gesellschaftlich angesehene Fischer, Bauern und Händler durften es führen. Die Samurai, die Ritter des feudalen Japan, trugen das Langschwert Katana (als zivile Waffe) oder das längere Tachi (auf dem Schlachtfeld). Außerhalb des Hauses wurden beide Schwerter zusammen getragen. Dieses Schwertpaar wird als Daishō („groß und klein“) bezeichnet. Zur Selbstverteidigung, beim Kampf auf engem Raum, beispielsweise in kleineren Zimmern oder engen Fluren, war das Wakizashi die Waffe der Wahl, da das Langschwert zu viel Freiraum benötigt.

So lange das Dojo und Vereinsgelände noch nicht wieder genutzt werden darf, werden durch den Trainer Tim Scholz Lehrvideos via YouTube und WhatsApp veröffentlicht, mit dem Ziel, dass die Holler Kampfkünstler bald das große Ziel „Saya no uchi no kachi saya“ erlangen,Siegen, ohne das Schwert zu ziehen“.